Örtlichkeiten dieser Provenienz kann man sich wohl nicht unerfreulich genug vorstellen. Der Vergleich mit der wenig einladenden menschlichen Körperregion legt dies jedenfalls nahe.

Wenn der Körper das Gefäß der Seele sein soll, wie von Platon bis zu Paulus allgemein angenommen, so gehört der apostrophierte Körperteil wohl zu den unedleren, seelenabgewandten Regionen unserer Physis.

Die verschämte Diskretion, mit der man ihn behandelt, weist bereits auf seine delikate Stellung hin. So bleibt er in der Regel auch bedeckt; legt man ihn in Anwesenheit anderer Personen bloß, gibt man ein Statement ab, das sogar in die Literatur Eingang gefunden hat.

Das muss nicht unbedingt klassisches Niveau haben, es geht auch darunter, ohne an Eindeutigkeit einzubüßen.

Wie auch immer, selten verbindet sich mit diesem Körperteil Angenehmes. In ärgerlich erregtem Gemütszustand als Bezeichnung für einen Mitmenschen verwendet, verrät er keinesfalls Sympathie für den derart Benannten, dem wir seinen Unmut, vielleicht gar seine Kränkung gerne glauben. Wer wäre mit diesem Vergleich schon glücklich.

Wir brauchen ihn, machen ihn aber nicht gerne zum Thema unserer Alltagskonversation.

Selbst die unschuldigste und von unserer Physiologie zur Erhaltung der Gesundheit zwingend erforderliche Aufgabe, die simple Entleerung und damit Reinigung unseres Körpers, findet normalerweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Was wir an diesen abgelegenen Orten zurücklassen, ist nicht der Rede wert, zumindest nicht der Rede darüber. Am Abort ist es entschwunden, wie uns das lateinische abortus lehrt.

Die einst stinkenden Kloaken am Rande der Behausungen sind zwar zu spiegelnden und geruchsneutralen Hightec-anlagen mit Wasserspülung, Hochglanzfliesen und Entlüftung mutiert, die durchaus zum entspannten Verweilen einladen, den Nimbus des Anrüchigen haben sie indessen nicht verloren.

Nach wie vor drängen sich diese Kabinette nicht auf, sie sind meist abgelegen in den dunkleren Winkeln der Wohnungen und Häuser, mit kleinen Fenstern versehen und fest abzuschließen.

Was man hier erledigt, will man ungesehen und ungestört tun und danach alle Spuren beseitigen. Scham und gute Erziehung verbieten uns, mehr als notwendig darüber zu reden. Erst in geselliger Runde und vom Alkohol enthemmt, können wir uns über Ort und beteiligten Körperteil in launiger Form unterhalten. Wir nennen ihn dann bei seinem Namen und verzichten auf den medizinisch korrekten Terminus, wir scheuen uns nicht, für seine Verrichtungen vulgäre Bezeichnungen zu verwenden, sogar als Synonym dafür, dass wir sie unbekümmert verwenden. Wir scheißen dann auf unsere gute Erziehung, die uns vielmehr scheißegal ist und wir schämen uns auch nicht mehr, dass sie uns am Arsch vorbei geht.

Dennoch und bei aller Freizügigkeit, wenn die Unbefangenheit der Nüchternheit weicht, kehrt die Distanz zurück.

Ist die Ausstattung auch noch so luxuriös, wohnen wollen wir dort nicht.

Alles was recht ist, sagt der Volksmund, aber der Arsch gehört in die Hose.

Recht so, und dort soll er auch bleiben.

Wir können uns unschwer vorstellen, wie also Orte beschaffen sein müssen, die ihn – mit welcher Absicht auch immer – zitieren. Mag sein, dass dieses Ambiente anspruchslosen Zeitgenossen behagt. Sei´s drum, wer sich in diesem Umfeld wohl fühlt, soll dort leben, wo immer das auch ist.

Text: Udo Fellner
Foto: Claire Mueller

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